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19. Januar 2009

Ein-Mann-Rentnerband Siegfried Saum aus Dänischenhagen unterhält Partys mit üppiger Schlagerauswahl

Dänischenhagen. Es war zumindest ehrlich: „Du bist ja ein ganz schön alter Sack“, wurde Siegfried Saum vor einiger Zeit begrüßt, als er seinem Auftraggeber das erste Mal gegenüber stand. Der war auch schon 60 Jahre und hatte sich unter dem Namen „Alleinunterhalter Querbeet“ etwas deutlich Jüngeres vorgestellt. Doch wenige Minuten vor Festbeginn gab es kein Zurück mehr. Die Party gelang trotzdem. Allerdings versieht der 65-jährige Dänischenhagener seitdem seine Zeitungsannoncen mit dem Zusatz „Ein-Mann-Rentnerband“.

Roger Whittaker und G.G. Anderson, Andrea Berg, Brunner & Brunner, Wolfgang Petry und Peter Kraus: „Ich mache die NDR-Welle Nord rauf und runter, den klassischen deutschen Schlager, aber auch Elvis und Al Martino“, beschreibt der Alleinunterhalter sein Programm. „In der Musik muss Harmonie sein.“ Die Kostprobe, die er den Kieler Nachrichten gibt, klingt locker und professionell, der Sound bemerkenswert gut, die Stimme geölt und das Arrangement ausgefeilt. Erstaunlich, welche Möglichkeiten moderne Technik bietet: Die Texte singt Siegfried Saum, den alle nur Siggi nennen, von der elektronischen Anzeige einfach ab, und die Instrumentierung hat er in mühevoller Kleinarbeit gespeichert, damit kein Lied dem anderen gleicht. Auf diese Weise hat er bis zu 3000 Songs im Repertoire. 

Die Titelauswahl ist dagegen, wie vieles im Leben, reine Geschmackssache, sodass der erfahrene Unterhaltungsmusiker im vergangenen Jahr einen jungen Mann am Telefon bremste: „Was ich spiele, ist bestimmt nicht Ihre Musikrichtung.“ Timo wollte im „GreenFields“ am Nordmarksportfeld seinen 30. Geburtstag feiern, hatte rund 50 Freunde und Bekannte seines Alters eingeladen und wünschte sich eine Party, bei der es richtig abgeht. „Ich habe ihm daraufhin einen DJ empfohlen“, sagt Siegfried Saum. Welcher 30-Jährige höre heute schon Andrea Berg?

Siegfried Saum macht man nicht so schnell etwas vor: Nach erfolgreichen Jahren auf Feuerwehrbällen und Dorffesten im ganzen Dänischen Wohld und in Kiel, nach wilden Nächten und auch manchem Reinfall (einmal ruinierte ein Kurzschluss dem Improvisationstalent im Gettorfer „Stadt Hamburg“ nicht nur die Orgel, sondern den gesamten Auftritt) hatte er erleben müssen, wie die Auftragslage mit Einbruch der Neuen Deutschen Welle, ihren Nenas, dem „Da-Da-Da“ und „Ich will Spaß, ich will Spaß“ von heute auf morgen abbrach. Der Kassierer für Fremdwährungen bei der HSH Nordbank verordnete sich irgendwann eine künstlerische Pause, konzentrierte sich auf seinen Beruf, auf seine Ehe mit der gebürtigen Schwedeneckerin Gisela (sie ist eine geborene Wohlfahrt, ihre Eltern betreiben das renommierte Feuerwehrmuseum), auf sein Haus und die Gesundheit, die in den Jahren zuvor durch die stressige Doppelbelastung und einen musikertypischen Lebenswandel aus wenig Schlaf, Nikotin und Alkohol gelitten hatte. Erst 1997 begann der Dänischenhagener wieder mit der Musik, übte erst allein zu Hause und legte sich bald ein Instrument zu, das weniger Orgel als technisches Wunderwerk ist. Es war ein zweiter Start für den Musiker.

Zurück zum jungen Timo: Der wollte sich partout keinen DJ nehmen, sodass Siegfried Saum schließlich einwilligte, seinen Wagen fertig machte, nach Kiel fuhr und um 22 Uhr mit dem Programm begann. „Wenn die mich vorgeführt hätten, wäre ich nach Hause gefahren.“ Wollte die fröhliche Runde aber nicht. Statt um 3 Uhr, wie verabredet, wurde es 4 Uhr und länger. Wie die Ein-Mann-Rentnerband bei den jungen Hühnern ankam? Timo schrieb eine Postkarte, auf der er für die „sensationelle Performance“ dankt. Das Fotomotiv zeigt ein Stück Leberkäse mit Senf und der Aufschrift: „Aber bitte mit Sahne!“

Gelesen bei: www.kn-online.de